INTERVIEW: MARKETING ANALYTICS IM B2B BEREICH
Das B2B-Marketing steht vor großen Veränderungen: Wir leben in einer Welt, in der datengetriebene Informationen als entscheidender Wettbewerbsvorteil gelten und AI in rasanter Geschwindigkeit auf dem Vormarsch ist. Die effektive Anwendung von Marketing Analytics kann das Rennen um Marktführerschaft entscheidend beeinflussen. In unserem Blogpost-Interview mit Carmen Rohr, einer Expertin für digitale Transformation mit Fokus auf den B2B-Bereich, beleuchten wir, wie moderne Methoden das B2B-Marketing neu definieren.
Wir diskutieren innovative Ansätze wie Marketing Automation, agile Praktiken und wie diese die Messbarkeit der Digitalisierung verbessern. Erfahren Sie, wie Ihr Unternehmen von diesen Entwicklungen profitieren kann, um nicht nur am Markt zu bestehen, sondern auch, um Ihrer Konkurrenz einen Schritt voraus zu sein. Wir wünschen Ihnen viel Spaß bei der Lektüre.
1. Carmen, erzähle uns bitte etwas mehr von dir.
Mein Name ist Carmen Rohr, und meine Beratungsmarke heißt „kauleo“ – das steht im Hawaiianischen für Support und Hilfe. Ich arbeite seit über 10 Jahren als Beraterin in der digitalen Transformation, fokussiert auf die Bereiche Marketing & Sales im B2B-Sektor. Meine Erfahrungen habe ich im eCommerce & Digital Marketing als Geschäftsführerin einer Digital-Agentur als auch auf der Kundenseite großer Konzerne gesammelt.
Inzwischen sind meine Rollen sehr vielfältig. So werde ich mal als Strategy Consultant, als Agile Coach, Business Coach, KPI Expert, OKR Coach oder Facilitator gebucht. Und diese Vielfalt liebe ich auch an meinem Job. Ich bin gebürtige Berlinerin, reise gerne um die Welt und liebe es in fremde Kulturen und neue Geschäftswelten einzutauchen. Apropos tauchen: Wenn ich nicht in der digitalen Welt tauche, durchtauche ich gerne das Wasser, ob Badeseen in Berlin oder die Weltmeere. Ich liebe das Wasser, schwimmen, segeln und surfen sind für mich pure Lebensfreude.
B2B Expert Carmen Rohr
2. Welche Herausforderungen siehst du im B2B-Bereich in puncto Marketing und Sales?
Oft besteht die Herausforderung im Menschen selbst, und bei eher langjährig agierenden Unternehmen wie im B2B sind die Traditionen und Gewohnheiten häufig stärker verankert als in sich schneller drehenden B2C-Welten.
Daher sind Projekte wie z. B. die Einführung einer Marketing Automation oft auch mit einem Change-Projekt verbunden. Das muss von Beginn an bei allen Beteiligten verstanden werden. Deshalb agiere ich gleich bei der Auftragsklärung nicht nur als Digital-Expertin sondern auch als Agile Coach und stelle Fragen wie „Wie weit arbeiten die Teams bereits agil?“, „Wie weit sind die digitalen Expertisen, der ‚maturity level‘?“ etc.
Das Selbstverständnis der Teams und Stakeholder führt oft auch zu einem Change-Prozess in der digitalen Transformation.
Marketing kann sich als Service Center des Sales verstehen, Sales kann sich als Exekutive sehen – zusammen wirkend sind sie natürlich erfolgreicher. Systeme wie Marketing Automation oder Customer Relationship Management (CRM) führen die Arbeitsprozesse zusammen, aber nicht das Mindset oder die Haltung und Motivationen beider Teams. So kann beispielsweise die Definition eines KPI Frameworks ein Silodenken zum Vorschein bringen und zu starken Verzögerungen des Projektes führen.
Wichtig ist es, eine gemeinsame agile Haltung zu entwickeln und gemeinsame Ziele zu definieren. Wenn betroffene Teams wie Marketing, Sales und Service ein gemeinsames Verständnis der Zielsetzung haben, kann jeder in seinem Wirkungsbereich zum Team- und Unternehmens-Erfolg bestens beitragen.
Die holistische Betrachtung der Prozesse & Systeme ist daher das eine, viel wichtiger ist aber die Betrachtung der Organisation und ihrer Menschen, ihre fachlichen und persönlichen Anforderungen und Erfahrungen. Viele Unternehmen sind heute offen für eine agile Arbeitsweise, so dass die verantwortungsvolle Einbindung aller Beteiligten bei der Digitalisierung leichter fällt.
3. Wie lässt sich der Grad der Digitalisierung im B2B-Bereich messen?
Es gibt verschiedene Modelle, das sogenannte ‘Digital Maturity Level’ eines Unternehmens, um den Status der Digitalisierung zu messen, das gilt natürlich nicht nur für B2B. Bei einer eher strategische Beratung in der digitalen Transformation ermittle ich gleich zu Beginn den Digitalisierungsgrad der Teams und der wichtigsten Geschäftsbereiche in den Ebenen Prozesse, Systeme, Organisation. Das Ergebnis ist zunächst eine Kurz-Analyse, die dem B2B-Unternehmen und mir einen klaren Blick auf die Ausgangslage in puncto Digitalisierung oder Strategieziel verschafft und aus der wir ableiten können, wie die nächsten Schritte gestaltet werden sollen.
Je nach Bedarf tauche ich tiefer ein und erhebe auch z. B. den Implementierungsgrad eines Systems oder das digitale Kompetenz-Level der Teams. Es gibt nur noch wenige Unternehmen ab größerem Mittelstand in Deutschland, die digital resistent sind. Die meisten bewegen sich in ihrem Kerngeschäft im digitalen Mittelfeld.
Die Prozesse sind in verschiedenen Leveln digitalisiert. Systeme wie CRM, Marketing Automation, Content Operations, Analyse-Tools sind implementiert. Die digitalen Kernkompetenzen & Rollen befinden sich im Aufbau oder sind sogar schon aufgebaut. Mit einem agilen, iterativen Vorgehen fällt es dann leichter, den Return on Invest (ROI) zu messen und das weitere Vorgehen in der Digitalisierung kontinuierlich erfolgreich weiter zu entwickeln. Die Betrachtung der Entwicklung kann entweder anhand von KPIs rückwirkend gemessen werden oder für eine strategische Entwicklung mit OKRs (Objective Key Results) begleitet werden. Beide Frameworks werden individuell mit dem B2B-Unternehmen erarbeitet und die Implementierung begleitet. Der weitere Fortschritt zeigt sich dann im Detail, wie beispielsweise in der Datenstrategie.
Zu Beginn arbeitet man im manuellen Daten-Chaos mit oft inkonsistenter Datenerhebung und ohne echten Mehrwert daraus zu generieren. In der maximalen Digital Maturity besteht ein KPI Framework, Daten werden strategisch erhoben und die systembasierten Erkenntnisse genutzt, um automatisiert weitere Marketing- & Sales-Aktivitäten erfolgstreibend zu steuern. Ein lernendes, iteratives, agiles Vorgehen ist auch hier gewinnbringender als mit einem Mega-Projekt alles stemmen zu wollen.
4. Wie kommt man als B2B Manager:in von der Theorie ins Doing?
Je nachdem, auf welcher Ebene man denkt, sind verschiedene Vorgehensweisen sinnvoll. Wie vorhin erklärt, ist ein holistischer Blick auf das gesamte Unternehmen bzw. die relevanten Unternehmensbereiche für die Entwicklung einer digitalen Strategie zu Beginn wichtig. Aber dann kann man bei einer agilen Arbeitsweise schnell mit agilen Teams ins Doing kommen.
Ein bewährtes Modell für die kurzfristige operative Planung und Steuerung der Strategie ist ein OKR Framework, mit dem man auf verschieden Ebenen die jeweiligen Ziele mit entsprechenden Schlüsselergebnissen aufsetzt und iterativ in einem Quartals-Rhythmus die jeweiligen Erkenntnisse aufnimmt und weiter einsteuert. Dies sichert auch bei komplexen Projekten die Einbindung aller Beteiligten und schafft Transparenz für alle sowie eine kontinuierliche Umsetzung der Strategie im Unternehmen. Des Weiteren besteht die Chance zur ständigen Anpassung, was alle Stakeholder und Team-Mitglieder nachhaltig aktiviert.
So kann eine langjährige Strategie aufgesetzt werden, die nicht in der Schublade landet, sondern lebt und die auch unter den derzeit dynamischen globalen Begebenheiten angepasst und weiter entwickelt werden kann.
5. Inwiefern unterstützt KI das Marketing eines B2B-Unternehmens?
Vielleicht wäre einfacher zu beantworten, inwiefern sie nicht unterstützt.
In vielen Marketing-Prozessen ist die Künstliche Intelligenz (KI) in eingesetzten Systemen bereits integriert. Zum Beispiel im Content Operations Management, in der Marketing Automation oder in Daten-Analyse- und SEO-Monitoring-Systemen. Hier werden dem User die Vorteile quasi auf dem Silbertablett im Prozess angeboten oder im Hintergrund durchgeführt.
Alle Bereiche im Marketing können heute meiner Ansicht nach von der künstlichen Intelligenz profitieren.
Hier ein paar Beispiele:
• bei der Produktion von Content in Text, Bild, Video
• in der Erarbeitung von Präsentationen und Whitepapern
• bei der Übersetzung und Vertonung
• in der Datenanalyse und – interpretation
• beim Testen und der Optimierung der User Experience (UX)
• im Lead Management bei der Identifizierung von potentiellen Kunden
• in der Beantwortung von Kundenanfragen u.v.m.
Die darüber hinaus wird die freie Nutzung von ChatGPT oder anderen Chatbots basierend auf Large Language Models, häufig in B2B-Unternehmen gesichert und durch firmeneigene Lösungen ersetzt. Dazu gehört auch der Aufbau einer eigenen Prompt-Library und natürlich das Training der User, um an sinnvolle Ergebnisse zu kommen.
Ich gehe davon aus, dass zukünftig die menschliche Intelligenz stärker in der kreativen Leistung, im humanen Verständnis von Zielgruppen und Kunden als auch in der Nach-Qualifizierung von Ergebnissen Einsatz findet. Viele standardisierte Tätigkeiten werden sich aber durch künstliche Intelligenz auflösen.
6. Wie sollte das Profil eines Marketeers im B2B heutzutage aussehen?
Die wichtigsten Skills eines Marketeers im B2B-Bereich sehe ich neben dem Gesamtverständnis von Marketing & Sales heute in der Datenkompetenz, in der technischen Systemkompetenz sowie in einer agilen Haltung.
Neugier, Mut und keine Angst vor einer Vielzahl von Systemen.
Die agile Haltung ermöglicht die kollaborative Zusammenarbeit mit vielen angrenzenden Teams, die Offenheit für ständige Veränderungen und den Mut, Neues auszuprobieren. Denn ein:e Marketing Manager:in arbeitet heute mit einer Vielzahl von technischen Systemen und darf keine Bedenken haben, diese auszuprobieren und mit vielen Programmen sehr transparent auch für andere zu agieren. Auch wenn es viele Qualitätsstufen gibt, die z. B. den Versand eines Mailings an eine Million User absichern, verstehe ich, dass das Herz flattert, wenn man das Programm freigibt. Daher ist eine offene, angstfreie Unternehmens- und Fehlerkultur ein maßgeblicher Erfolgsfaktor für die Zukunft im Marketing.
Wunderbar, wir bedanken uns sehr für das spannende Interview, Carmen!